Wolfhauser Firma gewinnt Integrationspreis
Bubikon Die Wolfhauser Firma Ecolite erhält für ihr Engagement in der beruflichen Integration den «This-Priis» der SVA Zürich. Als Wohltäter sieht sich CEO Samuel Bregenzer deshalb nicht.
Als Remo Schönbächler bei seiner Arbeit auf dem Bau rund zehn Meter in die Tiefe stürzt, verändert sich sein Leben radikal. Der heute 40-Jährige muss mit schwersten Verletzungen an den Füssen ins Spital eingeliefert werden. Dort muss Schönbächler zwei Operationen über sich ergehen lassen. Als er das Krankenhaus dann endlich verlassen kann, will er vor allem eines: möglichst schnell wieder arbeiten.
Doch an eine dauerhafte Rückkehr in seinen Job als Eisenleger im Akkordmodell ist nicht zu denken – zu gross sind die Schmerzen und die körperlichen Folgebeschwerden im Rücken. Also heuert er bei einem Pneuhaus an. Schwere Gewichte zu heben, gehört aber auch dort zum Alltag. Remo Schönbächler macht so lange mit, bis er nicht mehr kann. «Ich bin irgendwann dahergekommen wie ein 80-jähriger Mann», erzählt er. «Also musste ich auch den Job im Pneuhaus aufgeben.»
Rücksicht nehmen
Die SVA will ihm daraufhin einen Job vermitteln, der seinen körperlichen Einschränkungen gerecht wird. Er soll den ganzen Tag lang Besteck für die Swiss einpacken. «Dieser Gedanke war schrecklich für mich», sagt Schönbächler. «Ich bin Handwerker. Meine Hände müssen dreckig sein.» Seine Partnerin Susanne Gerig arbeitet zu dieser Zeit bei Ecolite, einem Wolfhauser Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion von vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden spezialisiert hat. Samuel Bregenzer, CEO von Ecolite, bot ihr eine Stelle an, nachdem sie aufgrund eines schweren Burn-outs ihren Job als Produktionsmitarbeiterin bei einen Unternehmen in Herisau aufgeben musste.
Auch Schönbächler kann auf Anfrage bei Ecolite mit einem Arbeitsversuch in der Produktion starten. Sechs Monate später erhält er die Festanstellung. «Hier bei Ecolite nimmt man Rücksicht auf meine Beeinträchtigung», sagt Schönbächler. «Wenn ich zum Beispiel merke, dass ich eine Weile sitzend arbeiten sollte, dann findet man eine Möglichkeit.»
Integration und Rendite
Für dieses Engagement wurde Ecolite nun von der SVA Zürich mit dem «This-Priis» ausgezeichnet. Dieser wird jedes Jahr an eine Firma vergeben, die sich besonders stark für die berufliche Integration von Menschen mit Krankheit oder Behinderung engagieren.
Und wieso hat gerade Ecolite den Preis verdient? «Bregenzer verkörpert den Grundgedanken des ‹This-Priis›», sagt Martin Schilt, Leiter der IV-Stelle Zürich. Der Wolfhauser CEO sei Unternehmer durch und durch und beweise mit Ecolite, dass sich Rendite und berufliche Integration nicht ausschliessen müssen.
«Im Gegenteil: Es kann für ein Unternehmen und auch für die Gesamtwirtschaft ein grosser Gewinn sein, Menschen mit einer Beeinträchtigung zu beschäftigen», sagt Schilt. «Bregenzer fragt sich, was eine Person ins Unternehmen reinbringen kann und schaut dann, was geht und was nicht.»
Es muss sich lohnen
Mit reiner Wohltätigkeit hat Samuel Bregenzers Philosophie in der Tat wenig zu tun: «Wir sind keine soziale Institution, die vom Staat unterstützt wird, sondern ein gewinnorientiertes Privatunternehmen», sagt der dreifache Familienvater. «Soziales Engagement in Ehren, aber am Schluss muss es sich auch lohnen.» Und das tut es sich laut Bregenzer auch meistens: «Diese Menschen sind dankbar und sehr loyal. Sie wollen das, was sie an Selbstvertrauen und an finanzieller Unabhängigkeit gewonnen haben, nicht mehr hergeben.»
Unterstützt wird Ecolite von der SVA Zürich, sowohl beratend als auch finanziell mit IV-Leistungen. So übernimmt die IV zum Beispiel den Lohn der Mitarbeitenden während des Arbeitsversuchs oder entlastet die Personalkosten während der Einarbeitungszeit mit Zuschüssen. «Darüber sind wir auchsehr froh», sagt Madeleine Brun, Personalverantwortliche von Ecolite.
Wo ein Wille, da ein Weg
Zurzeit beschäftigt Ecolite vier Mitarbeitende mit einem Handicap. Entscheidend dafür, dass es mit einer Festanstellung klappt, sei vor allem der Wille der Mitarbeitenden, sagt Brun. «Ist dieser vorhanden, finden wir eigentlich immer einen Weg, der für beide Seiten stimmt.»
Auch vom «This-Priis» profitieren alle im Unternehmen. Denn der Preis ist eine Schale, die von der SVA einmal pro Woche mit Früchten befüllt wird. «Die Schale soll im Teamraum stehen, sodass sich alle bedienen können», sagt Martin Schilt. Ein Preis, der Nutzen stifte und nicht einfach im Regal verstaube.