Mit Lamas durch die Weinländer Landschaft
Tierisches Vergnügen Petra und Martin Heussi bieten auf ihrem Hof in Marthalen seit fünf Jahren Lama-Spaziergänge an. Dabei lässt sich das Selbstvertrauen stärken.
Auf ihrem Bauernhof in Marthalen steht Petra Heussi und raschelt mit einer Schale voll Futter. «Heichoo», ruft sie über das Gatter. Auf der anderen Seite heben die vier Lamas Larsen, Melissa, Samba und Santina sofort ihre Köpfe, spitzen die Ohren und traben dann begeistert in Richtung ihrer Besitzerin. Während sich die Tiere über ihr Futter hermachen, erklärt Heussi den Besuchenden noch einmal die wichtigsten Regeln. «Nicht rennen, nicht laut sein, und wenn irgendjemand Stopp sagt, frieren alle ein.»
Seit gut fünf Jahren führt die 45-Jährige gemeinsam mit ihrem Mann Martin Heussi auf dem Radhof 1 als «Wyland-Usziit» Lama-Spaziergänge und Lama-Trekkings durch. Auch tiergestütztes Coaching bieten die Heussis an. Ursprünglich hielten sie auf ihrem Hof Schafe. «Eine ergiebige Interaktion ist mit diesen Tieren aber nicht möglich», sagt Petra Heussi. Lamas dagegen seien liebevoll, geduldig und neugierig.
Ehemalige Zirkustiere
Helene und Kaspar Rüeger kommen immer wieder bei Petra Heussi und den Lamas vorbei. Das Ehepaar wohnt im Nachbarhaus und übernimmt manchmal die Ferienbetreuung der Tiere. «Die Lamas haben so etwas Sanftes an sich», sagt Helene Rüeger. Am besten verstehe sie sich mit Larsen. Er ist der einzige Wallach in der Lamagruppe und ein ehemaliger Zirkusstar. Gemeinsam mit Melissa, der Chefin der Herde, wurde er vom Zirkus Nock übernommen. «Zwischen mir und Larsen hat es einfach sofort gefunkt. Vielleicht, weil wir beide schon zu den Senioren gehören», sagt Rüeger und lacht.
Nachdem die Lamas angehalftert sind, gehts auch schon los in die Weinländer Landschaft. Gemächlich trotten die Vierbeiner neben ihren Führerinnen her. Hin und wieder bleiben die Lamas bestimmt stehen. Mal kratzts am Bauch, mal wollen sich die Tiere etwas zu essen gönnen. Besonders Larsen scheint sich die saftigen Blätter nicht entgehen lassen zu wollen. «Einfach Nein sagen», erklärt Heussi. Denn Training, Fressen und Streicheln sollten strikt getrennt werden.
«Eine grüne Suppe»
Plötzlich erklingt ein lautes Geräusch, und eine Dunstwolke breitet sich aus. Ein Nieser? «Nein», sagt Heussi. «Das war jetzt ein ‹Speuz›». Es sei jedoch ein Mythos, dass Lamas Menschen einfach so ins Gesicht spuckten. Vielmehr würden die Tiere mit dem Spucken kleine Fehden in der Herde klären. «Es kann aber sein, dass ein Lama sich zum Beispiel aufgrund einer Fehlprägung angewöhnt, auch Menschen anzuspucken.» Von ihren Lamas sei dies aber nur beim ansonsten äusserst lieben Larsen gelegentlich der Fall. «Ihm sollte man nicht direkt in die Augen schauen», warnt Heussi.
Wie es sich anfühlt, eine Ladung Lamaspucke abzubekommen, weiss Helene Rüeger. Einmal habe sie Larsen voll im Gesicht erwischt. «Das war eine grüne Suppe.» Übel genommen hat sie es ihrem Liebling aber nicht. «Das ist ja nicht böse gemeint und lässt sich problemlos abwaschen.»
Zurück auf dem Hof trotten die Lamas in den schattigen Stall und ruhen sich aus. Aus den südamerikanischen Anden stammend, sind sich Lamas eigentlich auch an hohe Temperaturen gewöhnt. Heussi schert die Tiere dennoch jeden zweiten Sommer. So sind die heissen Tage etwas angenehmer.
Ein Lama-Spaziergang dauert inklusive Kennenlernen rund 90 Minuten. Bis vor kurzem hat Heussi auch noch Halb- und Ganztagestouren angeboten, diese jedoch nun eingestellt. «Die Zusammenarbeit mit Lamas erfordert von den Menschen viel Konzentration», sagt Heussi. «Nach einigen Stunden werden die Menschen meist zu müde.»
Personen, die lieber auf dem Hof bleiben wollen, können die Lamas und die zwei Schweine Josephine und Henry, die ebenfalls bei den Heussis leben, auch bei einer Hofbegegnung kennen lernen. «Diese Variante eignet sich auch, wenn man körperlich eingeschränkt ist.» Wichtig sei, dass man sich vor jedem Besuch anmelde.
Am liebsten arbeite sie mit Erwachsenen und Kindern zusammen, die mit Ängsten und Unsicherheiten zu kämpfen hätten, sagt Heussi. «Die Arbeit mit den Tieren gibt Selbstsicherheit und stärkt das Vertrauen.» Bisher habe sich am Schluss noch jeder und jede getraut, die Tiere zu streicheln. Bei dem weichen Fell und den lieben Augen ist das wohl auch kein Wunder.