Gastro-Betriebe suchen verzweifelt nach Personal
Folgen der Pandemie in Winterthur Die Restaurants in Winterthur füllen sich wieder. Doch die Wirtinnen und Wirte stehen nach dem Lockdown vor einem anderen Problem: Es fehlt an Personal.
Nach monatelangem Lockdown fahren die Winterthurer Gastrobetriebe langsam wieder den Betrieb hoch. Doch der Wiedereinstieg bleibt für viele Wirtinnen und Wirte schwierig. Denn in der Branche fehlt es an Personal. «Der Markt ist ausgehungert», sagt Daniel Hunold, Betreiber des Restaurants Obergass in der Winterthurer Altstadt.
Der gelernte Koch weiss, wovon er spricht. Er und seine Frau Karin Hunold mussten in den letzten Monaten gleich zwei Stellen ausschreiben: eine im Service und eine in der Küche. «Zuerst hat eine Mitarbeiterin gekündigt, weil sie nach Basel zog, und danach ist ein Koch aufgrund der Folgen einer Corona-Erkrankung ausgefallen.»
Die Suche gestaltete sich zäh. «Als wir dem RAV mitteilten, dass wir eine Servicekraft suchen, hiess es zuerst, es gebe keine geeigneten Bewerber.» Danach seien zwar einige Bewerbungen eingegangen, allerdings von Leuten, die zu weit weg wohnten. Auch in der Küche sah es düster aus: «Einen Bewerber konnten wir trotz mehrmaligen Versuchen nicht erreichen, einer wohnte nicht in der Umgebung, und der dritte Bewerber war gesundheitlich stark eingeschränkt.»
Nicht erst seit Corona ein Problem
So wie den Hunolds geht es vielen Betrieben in Winterthur. «Für Gastronomen und Gastronominnen ist es zurzeit sehr schwierig, qualifiziertes Personal zu finden», sagt Thomas Wolf von Gastro Winterthur. Einerseits würden sich zu wenige Leute auf ausgeschriebene Stellen bewerben, andererseits seien die Bewerbenden oft unterqualifiziert.
Eine Mitglieder-Umfrage des schweizweiten Branchenverbands Gastro Suisse vom Oktober bestätigt, was Gastro-Betreibende aus Winterthur beklagen. Darin geben 60 Prozent der befragten Betriebe an, dass sie Mühe hätten, geeignetes Personal zu finden. Besonders schwierig sei die Suche nach Köchinnen und Köchen sowie Servicemitarbeitenden.
Neu ist der Fachkräftemangel laut Gastro Suisse zwar nicht, doch seit der Pandemie sei es noch schwieriger geworden. Das bestätigt auch Steffi Carolino, Kommunikationsverantwortliche des Casinotheaters Winterthur, wo gerade nach einer Servicekraft und einem Koch gesucht wird: «Die Situation hat sich in der letzten Zeit klar verschärft.»
Verunsicherte Mitarbeitende
Dass sich die Lage derart verschlechtert hat, hat verschiedene Gründe. Während des Lockdown wurden Mitarbeitende in die Kurzarbeit geschickt oder entlassen. Seit Ausbruch der Pandemie sind so im Gastgewerbe laut Gastro Suisse mehr als 50’000 Stellen weggefallen. Die fehlende Perspektive zwang sowohl Fachkräfte als auch unausgebildetes Personal dazu, sich umzuorientieren. Sie verliessen die Branche und kehrten nicht mehr zurück, als die Restaurants endlich wieder aufmachen konnten.
«Die Corona-Zeit hat Mitarbeitende verunsichert», sagt auch Daniel Hunold. «Wir alle in der Gastronomie wissen nicht, wie es weitergeht und was noch auf uns zukommt.» Und für Mitarbeitende in kleinen Pensen sei die lange Zeit auf Kurzarbeit auch finanziell ein grosser Einschnitt gewesen. «Viele dieser Aushilfskräfte haben der Gastronomie während der Pandemie den Rücken gekehrt.»
Auch die Einführung der Zertifikatspflicht könnte einen Einfluss auf den Personalmangel haben. Gut 86 Prozent der durch Gastro Suisse befragten Betriebe melden einen Mehraufwand aufgrund der Zertifikatskontrolle, womit ein höherer Personalbedarf verbunden ist.
Angepasste Öffnungszeiten
Wenn das Personal fehlt, um den Tisch abzuräumen oder das Steak zu braten, dann bleibt Betrieben oft nichts anderes übrig, als umzudisponieren. Die Winterthurer Restaurants Santa Lucia und Cantinetta Bindella, beides Betriebe der Restaurantgruppe Bindella, sind zurzeit nur an fünf statt an sieben Tagen geöffnet. Auch im Casinotheater denkt man darüber nach, die Öffnungszeiten anzupassen.